Interview mit … Katharina V. Haderer

Katharina habe ich als Autorin bei einem Seminar in Eggenburg/Niederösterreich kennengelernt. Sie bewegt sich bei ihren Geschichten im Bereich „dunkler“ Fantasy. Sie schreibt ausnehmend gut, ist vif und witzig. Sie hat im Laufe der Jahre eine in sich geschlossene Welt entwickelt, in der sie ihre Geschichten handeln läßt, und reichert sie immer weiter an.
Internetweb2Am 3. Juni erscheint ihr Buch Das Schwert der Totengöttin als Auftaktband der Black Alchemy-Trilogie beim Knaur Verlag. Ich hatte die Gelegenheit, den Text schon mal vorab zu lesen – und ich empfehle das Buch bedingungslos. Es ist spannend, witzig, abenteuerlich und auf eine angenehme Weise anders als viele Fantasy-Geschichten, die ich in den letzten Jahren gelesen habe.
Das Interview mit Katharina ist weitgehend frei von Spoilern.

F: Kathi, zuerst mal zu Dir persönlich. Du lebst in einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Baden bei Wien, Du hast ein Germanistik-Studium abgeschlossen und arbeitest im Brotjob halbtags bei der Bühne Baden. Zeichnen, Katzen verwöhnen und die Pfadfinderei gehören zu Deinen Hobbys. Wieviel Zeit kannst Du Dir denn zum Schreiben abknipsen, wie groß ist Dein literarischer Ausstoß? 

A: Ich schreibe lange nicht so viel und so rasch wie andere KollegInnen. Allerdings bin ich mit der Zeit draufgekommen, dass ich auch dann nicht wesentlich mehr schreibe, wenn ich den gesamten Tag dafür Zeit hätte. Das liegt daran, dass ich oftmals eine Pause zwischen Kapiteln und Szenen brauche. Auch wenn ich zu Beginn des Buches einen roten Faden spinne, so geschieht im Detail doch sehr viel beim Schreiben. Daher schreibe ich meistens vormittags zwei Stunden und eventuell am Abend, sollte ich vormittags arbeiten. Am Wochenende schreibe ich vormittags und nachmittags mit Unterbrechungen. So komme ich im Jahr auf durchschnittlich zwei Bücher zwischen 300 und 450 Seiten. Letztes Jahr habe ich über 1000 Seiten geschafft, allerdings kamen da kein Lektorat oder andere zeitintensive Sachen dazwischen.

DSCN9299F: Hast Du schon immer geschrieben oder bist Du eine Spätberufene? Gab es einen Auslöser dafür, dass Du Dich dem Schreiben mit einem derartigen Elan gewidmet hast?

A: Berufen wurde ich im Alter von etwa fünf Jahren, als ich mir mit meiner Tante Pocahontas im Kino angesehen habe. Als ich danach davon träumte, wachte ich überrascht auf und dachte mir: Hey, ich kann mir ja auch selbst Geschichten ausdenken! Daraufhin habe ich begonnen, mir selbst Geschichten zu erzählen, sie auf Hörkassetten aufzunehmen und hernach wieder abzuhören. Leider hat keine dieser Kassetten die „Ich-muss-Lieder-von-Ö3-aufnehmen“-Zeit überlebt.

F: Du bist Selfpublisherin. Du veröffentlichst aber auch beim kleinen, feinen „Drachenmond-Verlag“. Nun erscheint Dein Buch „Das Schwert der Totengöttin“ am 3. Juni bei einem großen Publikumsverlag (Knaur). Das ist ein recht bunter Mix. Wo siehst Du denn persönlich Deine Zukunft als Autorin? Hast Du vor, weiterhin als Selfpublisherin zu agieren oder zieht es Dich eher zu den großen Verlagen?

F: Also, ich sehe das jetzt nicht unbedingt als Gegensatz, das Selfpublishing und die Verlage. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Prinzipiell bin ich nichts abgeneigt. Ich freue mich, wenn Verlage mit mir zusammenarbeiten möchten, denn das bedeutet, dass sie an mich und die Qualität meiner Texte glauben. Momentan bin ich sehr zufrieden und arbeite mit wunderbaren Menschen zusammen, von denen ich wirklich das Gefühl habe, dass sie Freude an meinen Büchern haben und diese mit vollem Herzen weiterempfehlen.

U1_978-3-426-52452-7-197x300F: Kommen wir zu „Das Schwert der Totengöttin“. Zuallererst ist mir die Intensität aufgefallen, mit der Du schreibst. Die Beschreibungen sind großartig. Man merkt, daß Du Dich in freier Natur gut auskennst. Wieviel von Dir steckt denn in Deiner Protagonistin Mirage deBois?

A: Ha, das hast du wohl gemerkt? Nun, vermutlich liegt viel von mir in meinen Protagonisten, in dem einen mehr, in dem anderen weniger. Meine Kenntnisse über die Natur habe ich großteils meiner Mutter zu verdanken, die in der Steiermark auf einem Bauernhof aufgewachsen ist und bereits von dort sehr viel Wissen mitbrachte. Auch ihr persönliches Wissen hat sie stets gemehrt und an mich weiter gegeben (ob ich nun wollte oder nicht). Auch in der Schulzeit habe ich mich sehr für Biologie interessiert. Die Begriffe erinnerten mich an fantastische Namen, ich konnte sie mir immer sehr gut merken. „Endoplasmatisches Retikulum!“, könnte genauso ein Zauberspruch aus Harry Potter sein.

F: Auffällig sind die vielen französischen Lehnwörter. Das ist für Fantasy-Romane ungewöhnlich, die in ihrer Sprache doch eher angelsächsisch orientiert sind. Spielt da Dein persönlicher Geschmack mit, wie bist Du auf diese Namensgebungen gekommen?

A: Es gibt unterschiedliche Gegenden in meiner Welt, die ich auch kulturell unterschiedlich zu prägen versuche. Ich wollte Tradea einen besonderen „Geschmack“ verpassen. Selbst spreche ich ehrlicherweise kein Französisch. Auch hier muss meine Mutter ran. Es hat Spaß gemacht, Titel und Namen anzupassen. Nicht alle Bewohner besitzen französische Namen, was daran liegt, dass sich die Landbevölkerung stärker mit der Umgebung durchmischt. Da findet man auch schon mal einen Hans oder eine Henriette; oder zum Beispiel Lieutenant Bearnard Ahearn, dessen Familie ursprünglich aus dem Gebiet der Coltaire stammt. Das ist ein gälisch-keltisch orientiertes Kriegervolk. Ahearn ist ein keltischer Name und bedeutet „Fürst der Pferde“.

DSCN9345F: Es gibt selbstgestaltetes Kartenmaterial zu Deiner Welt. Mir scheint, als würdest Du Dich in der Stadt Tradea bzw. dem Kontinent Aurora extrem gut auskennen. Du hast Dir sehr intensive Gedanken zu Geographie, Kultur, Magie und Historie gemacht. Entdeckst Du Deine Welt während des Schreibens, gemeinsam mit Deinen Figuren, oder beschäftigst Du Dich mit diesen Dingen bereits im Vorfeld?

A: Ich habe in der Welt Mundus zu schreiben begonnen, als ich neunzehn Jahre alt war. Ich habe zwei Mehrteiler geschrieben, die nie veröffentlicht wurden – beide Geschichten fanden zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Ort derselben Welt statt. Das Herz im Glas war das erste Buch in dieser Welt, das ich auch veröffentlicht habe. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich schon zahlreiche Verknüpfungen, geschichtliche und vor allem mythologische Hintergründe.

F: Sergent Zejn, Dein männlicher Protagonist, ist in vielerlei Hinsicht ein gebrochener Mann – und einer, der in seinen Konventionen gefangen ist. Mirage deBois hingegen ist ein Freigeist. Mich hat überrascht, wie spannend das Verhältnis der beiden Figuren zueinander ist. Beschäftigst Du Dich sehr mit dem Figurenaufbau oder lässt Du beim Schreiben die Dinge einfach „geschehen“?

A: Zwischen den beiden ist viel „passiert“, was einfach durch ihre Gegensätzlichkeit entstanden ist. Dabei stößt bei den beiden „Recht und Ordnung“ auf „Individualismus und Opportunismus“. Beide sind auf ihre Weise stur und beharren auf ihrem Wissen, ihrem Glauben und ihren Vorurteilen. Deswegen entspinnt sich eine Hetzjagd zwischen den beiden.
Die ersten zweihundert Seiten rasten unter meinen Fingern nur so dahin. Ich musste gar nicht nachdenken. Jeder lieferte dem Anderen automatisch eine perfekte Vorlage. Ich habe gar nicht das Gefühl, dass ich da viel beteiligt war.

U1_978-3-426-52526-5-198x300F: Die Suche nach dem „Schwert der Totengöttin“ ist eine epische Geschichte, die mit Band 1 noch längst nicht auserzählt ist. Band 2 ist bei Knaur bereits vorangekündigt („Der Garten der schwarzen Lilien“, EVT 3. Februar 2020). Auf Deiner Welt gibt es aber noch viele, viele andere interessante Schauplätze, die man als Leser kennenlernen sollte. Was ist denn da in Zukunft zu erwarten?

A: Ich freue mich, sagen zu dürfen, dass ich nun schon eine Zusage für den Abschlussband habe und dieses Epos mit 2020 sein Ende finden wird. Wer schon einmal in die Schwertzeit hineinschnuppern möchte, dem kann ich Das Herz im Glas ans Herz legen, denn dieses spielt zur selben Zeit und sogar nicht allzu weit entfernt.

Das-Herz-im-Glas-ebook-726x1030Allzu weit kann ich leider noch nicht planen. Ich beende dieses Jahr auch Red Scales (spielt in der Neuzeit auf einem anderen Kontinent); damit ist die nächste Zeit einmal ausgefüllt. Hernach muss ich sehen, wohin es mich trägt. Ideen habe ich viele, aber damit ich etwas Neues beginne, muss es mich so richtig packen. Ich möchte aber tendenziell im Bereich Erwachsenen-Fantasy bleiben.

 

Links:

Das Schwert der Totengöttin bei Droemer-Knaur

Herz im Glas beim Drachenmond-Verlag

Homepage Katharina V. Haderer

Gratis-Leseprobe zu „Das Schwert der Totengöttin“

Facebook-Seite Katharina V. Haderer

 

 

 

Die Bilder sind ©Katharina V. Haderer (1x), Drachenmond Verlag (1x), Knaur Verlag (Buchtitelbilder und Werbeankündigungen, 3x) sowie aus dem eigenen Fundus (2x).

3 Kommentare Gib deinen ab

  1. Dirk sagt:

    Ich bin wohl mal wieder zu blöd (oder ist das ein austrisches Schmankerl?), aber was soll „vif“ (in der Einleitung) bedeuten?

    1. mmthurner sagt:

      Vif bedeutet gescheit, intelligent.

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