Interview mit … Verena Themsen

DSCN7650Noch nie war der Frauenanteil im PERRY RHODAN-Team so hoch wie derzeit. Ich halte das für sehr bereichernd für die Serie – und auch für uns als Team.
Verena Themsen hatte die ehrenvolle Aufgabe, den Jubiläumsband 2900 zu schreiben. Zu diesem Anlaß hab ich ihr einige Fragen gestellt.

Michael Marcus Thurner: Verena, erst einmal Gratulation dazu, dass du den Jubiläumsband PERRY RHODAN 2900 schreiben durftest. Wann und unter welchen Voraussetzungen ist denn Chefredakteur Klaus N. Frick mit dieser Bitte auf dich zugekommen? Ist dieser Roman sozusagen die Belohnung für permanent gute Leistungen als Teamautorin?

Verena Themsen: Oh je, du erwartest doch jetzt nicht ernsthaft von mir, dass ich mich selbst beweihräuchere? Das, lieber Michael, lässt meine angeborene und wohlgepflegte Scham nicht zu. Wer wissen will, warum ich diesen Roman angeboten bekommen habe, soll lieber den fragen, der das getan hat – oder aber den Roman einfach so genießen.
Wann hat mich Klaus gefragt … du liebes bisschen, ich weiß es gar nicht mehr so genau. Zu der Zeit ist so vieles passiert, und auch wenn die Tatsache an sich natürlich herausstach, sind die Umstände für mich in den Nebeln der Geschichte versunken. Entweder war es eines dieser berüchtigten angekündigten Telefonate, bei denen man sich vorher immer fragt, ob man etwas geschenkt bekommt oder eingeschenkt bekommt, oder aber es war bei einem Besuch in der Redaktion, als ich eigentlich wegen der Zukunft der Datenarbeit dort war. Ich weiß es ehrlich nicht mehr …

Michael Marcus Thurner: Einen Jubiläumsband zu schreiben, das ist gleichermaßen Freude und Qual. Man darf den Stammleser in eine neue Umgebung begleiten und ihm einen neuen Handlungsstrang präsentieren. Andererseits muss der Roman auch verständlich für Neu- und Wiedereinsteiger sein. Wie bist du mit diesen Schwierigkeiten umgegangen?

Verena Themsen: Tatsächlich hat mir diese Problematik mehr als eine schlaflose Nacht beschert und meine Nerven arg strapaziert. Es lastet ja auch eine Menge Verantwortung auf dem, der die ersten Seiten eines ganzen neuen Zyklus schreibt. Es ging dieses Mal nicht mehr nur darum, ob mein Roman gelesen wird, sondern auch um die 99 folgenden Romane der anderen Kollegen.
Jede Szene musste ich auf Eignung für beide Enden des Leserspektrums prüfen und daraufhin schleifen. Wir möchten natürlich möglichst alle Interessierten in das Geschehen reinziehen. Da wurde die Schere mehr als einmal angesetzt, und von der ersten Version ist am Ende tatsächlich so gut wie nichts übrig geblieben.
Ich glaube, wenn es nicht einen Endtermin gegeben hätte – der natürlich bei all dem Ringen um die besten Worte viel zu rasch kam – würde ich heute noch dran sitzen.

Michael Marcus Thurner: Es ist wohl kein großes Geheimnis, dass Perry Rhodan selbst in Band 2900 im Mittelpunkt des Geschehens steht. Wie kommst du mit ihm als Figur zurecht?

Verena Themsen: Perry ist immer eine Herausforderung, gerade heutzutage, wo die Leser keine Rollenklischees mehr serviert bekommen wollen, sondern Charaktere mit Tiefgang und Entwicklung. Aber wie viel Entwicklung ist bei einem Mann mit dreitausend Jahren Lebenserfahrung noch drin? Und wie tief kann man das, was in solch einem Menschen vorgeht, wirklich ausloten? Eigentlich ist es unvorstellbar.
Trotzdem versuchen wir natürlich immer wieder, uns dem anzunähern, und tatsächlich ist es ja auch wichtig, dass wir uns nicht zu sehr auf diesen Aspekt der relativen Unsterblichkeit einlassen. Perry muss fassbar bleiben, begreifbar, nachvollziehbar. Das alleine verbietet schon, dass man seiner Lebenszeit allzu viel Gewicht bei der Schilderung seiner Persönlichkeit beimisst.
Am liebsten gehe ich aber den anderen Weg: Ich schildere ihn gerne von außen, durch die Augen seiner Wegbegleiter, die uns »Normalmenschen« näher stehen. Das macht es leichter, gleichzeitig seine besondere Ausstrahlung rüberzubringen und merken zu lassen, dass er trotzdem im Umgang mit seiner Umwelt ein Mensch geblieben ist.

Michael Marcus Thurner: Deine eigentliche Lieblingsfigur ist meines Wissens Atlan. Was macht ihn denn aus? Warum findest du ihn spannender als andere Protagonisten?

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Uschi Zietsch und Verena Themsen bei der Autorenkonferenz im Feber 2017

Verena Themsen: Ungefähr aus den gleichen Gründen, weshalb ich lieber nach Wien fahre als nach Frankfurt. Natürlich ist Frankfurt ein lebendiges Zentrum, ein Knotenpunkt, an dem immer viel geschieht. Aber ihm fehlt das postmonarchische Flair, das gepaart mit der sprichwörtlichen wienerischen Morbidität diese Stadt so besonders und liebenswürdig macht.
Frankfurt ist Kopf, Wien ist Herz. Perry hat sich klare moralische Regeln verordnet, agiert meist wohlüberlegt und ethisch hochstehend. Atlan dagegen ist durchaus auch einmal bereit, den Zweck die Mittel heiligen zu lassen, was ihn überraschender macht, weniger berechenbar. Er ist emotionaler, handelt dabei aber immer noch mit messerscharfem Verstand. Und diese Kombination spricht mich an.
Mal ganz davon abgesehen, dass er verdammt gut aussieht …

Michael Marcus Thurner: Kommen wir zu deiner Rolle als Technikerin im PERRY RHODAN-Autorenteam. Du füllst in gewisser Weise eine Lücke, die der 2015 verstorbene Rainer Castor hinterlassen hat. Du beschäftigst dich also mit den technischen Komponenten der Serie. Rainer ist natürlich nicht Eins zu Eins zu ersetzen; aber hast du dich schon in deiner Rolle eingefunden? Was erledigst du denn alles für die Expokraten im Hintergrund?

Verena Themsen: Soweit bin ich bestenfalls ein müder Schatten von dem, was Rainer war. Das liegt natürlich zum einen daran, dass ich im ersten Jahr nach seinem Tod noch Vollzeit gearbeitet habe, und auch jetzt noch nur einen Tag mehr für PERRY RHODAN habe. Zum anderen bin ich erst deutlich später zur Serie gestoßen und habe immer noch große Lücken in meinem Wissen. Rainers System der Datenablage war aber definitiv auf jemanden ausgelegt, der genau wusste, wo er was suchen musste.
Außerdem habe ich von Rainer nicht nur die Datenarbeit übernommen, sondern auch die Betreuung der Risszeichner. Tatsächlich macht diese Betreuung mir nach einer anfänglich etwas stressigen Einarbeitungsphase zum Glück nicht mehr viel Arbeit; die Zusammenarbeit mit den Zeichnern funktioniert reibungslos und großartig. Ich bin sehr froh, das übernommen zu haben, weil es sich exzellent mit der Datenarbeit ergänzt und ich dadurch auch gleich einige Spezialisten zur Hand habe, die mir weiterhelfen können, wenn ich mal an die Grenzen dessen komme, was Rainers Texte mir vermitteln können.
Für die Exposéfabrik mache ich inzwischen nach einer längeren Einarbeitungsphase fast das volle Paket – Ergänzung von Daten in den Exposés, Überprüfung der bereits darin vorhandenen Daten, Überprüfung auf innere Logik und die Logik innerhalb des Zyklus und den Rechtschreibfehler-Exorzismus. Ich greife aber zum Beispiel auch ein, wenn mir Passagen unklar formuliert erscheinen, und mache Vorschläge zur Verbesserung.
Die zyklusübergreifende Serienlogik muss ich nach wie vor Michael Thiesen überlassen, da ich wie gesagt in der Hinsicht noch Lücken habe. Auch bei den anderen Sachen musste ich mich erst herantasten: Was ist zu viel, was zu wenig, wo muss ich besonders aufpassen … solche Dinge. Aber ich denke, inzwischen habe ich es im Griff.

Michael Marcus Thurner: Du bist jetzt auch schon bald sechs Jahre bei PERRY RHODAN im Autorenteam. Wie siehst du deine Rolle in der Mannschaft, wo liegen schriftstellerisch deine Stärken?

Verena Themsen: *lacht* Meine Stärke liegt im Kreieren von Weißräumen. Nein, natürlich nicht; aber tatsächlich ist das eine Schwäche, die aus meiner Stärke resultiert: Ich krieche so sehr in meine Figuren hinein und bin so stark damit beschäftig, was sie wie und warum sagen, tun und denken und wie sich all das anfühlt, dass ich manchmal vergesse, sie auch in einer plastischen Umgebung zu platzieren. Aber dafür haben wir ja zum Glück Redakteure und Lektoren, die diese Passagen dann entsprechend rot markieren und mich noch mal an die Arbeit schicken …

Michael Marcus Thurner: Du legst seit etwa einem Jahr die Gewichtung stärker aufs Romanschreiben und hast von deinem Brotberuf als Ingenieurin im Spezialmaschinenbau Zeit weggeknapst. Geht bei dir die Lebensplanung denn in Richtung Vollzeit-Autor?

Verena Themsen: Tatsächlich knapse ich erst seit Anfang diesen Jahres Zeit von meinem Hauptberuf ab. Davor lief die Schreibarbeit zu hundert Prozent in meiner Freizeit ab. Was die Zukunft bringt, müssen wir sehen. Immerhin habe ich eine Familie zu ernähren und ein Haus abzubezahlen. Das muss alles gesichert sein, sonst kann ich nicht ruhig schlafen – und unausgeschlafen schreibt es sich schlecht.

Michael Marcus Thurner: Hast du über die Mitarbeit bei PERRY RHODAN hinaus denn Pläne als Autorin? Gibt es »dieses eine« Buch, das du unbedingt schreiben möchtest? Liegen streng geheime Unterlagen dazu bereits in deiner Schublade?

Verena Themsen: Eine Schublade reicht dafür schon lange nicht mehr aus. Ich habe einen ganzen Haufen Ideen … Und natürlich gibt es da diese eine Welt mit ihren Geschichten, die eigentlich alle gerne mal in professionellerer Form erzählt werden möchten. Im Moment ist es aber so, dass meine Zeit auch nach der Stundenreduzierung in der Firma mit der Arbeit für PERRY RHODAN komplett angefüllt ist. Das wird sich vermutlich auch nicht so schnell ändern.
Aber eines Tages …

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. Danke für das interessante Interview!
    Liebe Grüße an die Autorin mit dem Hinweis, dass mir PR 2900 sehr gut gefallen hat! Vor allem die langsame Steigerung des Tempos in der Handlung war ein Genuss!
    Ad astra!

  2. Melanie sagt:

    Schönes informatives Interview. Da steckt eine Menge Arbeit drin, was Verena für PR macht, besonders die Castor-Arbeit. Hut ab! Respekt! Ohne Liebe zu PR würde man sich das nicht antun.

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