Interview mit … Uschi Zietsch

Ich habe das folgende Interview mit Uschi während ihres Wien-Aufenthalts Mitte August geführt. Sie äußert sich ausführlich zu ihrem Verlag „Fabylon“, zu den beiden von ihr mitentworfenen Fantasy-Serien „Elfenzeit“ sowie „Schattenlord“ und, natürlich, zu PERRY RHODAN.

Wer mehr über Uschi herausfinden möchte, findet hier die ideale Startseite, um ihre Universen zu erforschen: http://www.uschizietsch.de/

Die Photos weiter unten sind wie immer grausam schlecht; ich werd’s wohl nie lernen …

F: Fangen wir mit „Fabylon“ an. Es handelt sich um einen kleinen, aber feinen Verlag, der Bücher im Bereich der Phantastik veröffentlicht. Erzähl mir bitte mal über die Schwierigkeiten, einen Kleinverlag am Leben zu erhalten.

A: Wir haben unseren Verlag 1987 gegründet. Zu einer Zeit, als die Kleinverlage grade mal angefangen haben. Das größte Problem war bereits damals der Vertrieb. Sprich: Wie krieg ich die Bücher in den Buchhandel. Wir haben uns einer Vertriebsgemeinschaft von Kleinverlagen angeschlossen. Vertreter wurden herumgeschickt, um unsere Bücher anzupreisen. Die Vertriebsgemeinschaft hat das ein oder zwei Jahre lang gemacht – und das war letztlich eine ziemliche Pleite.

F: Gibt’s diese Vertriebsgemeinschaft heute noch?

A: Nein, schon lange nicht mehr. Die hat sich aufgelöst. Es gab eine Besprechung, zu der wir Kleinverleger allesamt geladen wurden. Wir wurden einzeln in einen Konferenzraum gerufen – und zur Schnecke gemacht. Unsere Bücher seien Schuld, daß die Gemeinschaft sie nicht verkaufen könne.

F: Das wurde jedem einzelnen Verleger gesagt?

A: Ja. Ungefähr zwanzig Leuten hat man das gesagt, bei einer Genre-Bandbreite vom Fachbuch bis zur Phantastik. Daraufhin haben wir allesamt diese Gemeinschaft verlassen und beschlossen, den Vertrieb von da an selbst zu machen.

F: Existieren andere dieser Verlage heute noch?

A: Es gibt noch ein paar, aber ich muß ehrlich sagen, daß ich deren Entwicklung nicht mehr weiter verfolgt habe. Von einem hör ich ab und zu: Das ist der „Roman Kovar-Verlag“, der hat einmal den Jugendpreis des deutschen Buchhandels erhalten.

Damals war der Markt also sehr hart umkämpft – aber man war den Kleinverlagen gegenüber wohlwollend eingestellt. Grund dafür war, daß die Großverlage den Markt derart beherrscht haben, daß die Vielfalt immer weiter eingegrenzt wurde. Selbst die Buchhändler hatten Schwierigkeiten, das Sortiment entsprechend aufzuarbeiten.

Damals wie heute hapert es am Vertrieb. Du brauchst jemanden, der Vertreter herumschickt. Und es ist immer die Frage, ob die Vertreter etwas leisten, wenn man sie mit Fixum arbeiten läßt. Tun sie dann noch etwas? Tun sie noch etwas für dich? Ist es besser, wenn man sie auf Provisionen herumlaufen läßt? – Das ist nach wie vor die größte Schwierigkeit für einen Kleinverleger.

F: Wie würdest Du selbst dieses Dilemma lösen? Wie sieht der optimale Vertriebler aus?

A: Er sollte meine Bücher in den Buchhandel hineinbekommen. Das ist alles. Wenn der Buchhändler dann nicht mehr nachbestellt, wenn meine Bücher ausverkauft sind – dafür kann der Vertriebsmann nichts. Dieses Problem haben aber auch alle Großverlage, das ist auch uns Autoren bekannt: Wenn Du ausverkauft bist und der Buchhändler ordert nicht nach – das war’s dann.

Zurück zum Vertriebler: Er sollte sich wirklich bemühen. Wenn der Buchhändler dann immer noch „Nein!“ sagt, dann ist es okay. Aber bei der Bandbreite, die zum Beispiel Fabylon derzeit hat, ist eigentlich für jeden Buchhändler was drin, das ihn interessieren sollte. Die Bücher sind optisch schön, die Inhalte zumeist im Mainstream.

F: Erzähl mal über die Bandbreite Deines Verlages …

A: Letztes Jahr haben wir einige neue Reihen dazugenommen, die von Alisha Bionda heraugegeben werden (Anm: Mehr zu Alisha Bionda findet sich hier: http://www.alisha-bionda.net/). Da ist einmal die literarische Reihe, die Reihe mit erotischen und Liebesromanen, dann die phantastischen Romane, Steampunk – und auch humorvolle Sachen, beispielsweise den humorvollen Krimi. Eben ist einer erschienen, der in München spielt. Er heißt „Mit Schuh, Charme und Biß“ – und ist ein teuflischer Genuß. Er ist als Krimi aufgebaut und kommt bayrisch-augenzwinkernd daher.

F: Du hast im Programm auch Sherlock Holmes-Romane drin?

A: Stimmt! Die „Meisterdetektive“-Reihe ist neu hinzugekommen. Heuer wird ja 125 Jahre Sherlock Holmes gefeiert, dieses Jubiläum wird von mehreren Verlagen begangen – und wir sind mit unseren Büchern bislang sehr zufrieden.

F: Nun hast Du auch erotische Literatur im Programm. Hast Du Dich auf den derzeitigen Hype rings um „50 Shades of Grey“ draufgesetzt?

A: Die erotischen Reihen werden von Alisha Bionda herausgegeben, die die Autoren und die Geschichten aussucht. Ich glaube, daß sie die Idee von sich aus hatte und dieser Hype etwa zur selben Zeit ins Rollen gekommen ist. Die Planungen zu den Reihen erfolgen ja bis zu zwei Jahre im voraus.

Alisha hat vor einiger Zeit bei mir angefragt, ob wir nicht auch mal was mit Steampunk und erotischen Geschichten machen wollten. Da war ich gleich davon begeistert, da hat sie bei mir offene Türen eingerannt, weil ich die Kombination klasse finde.

Der Erfolg von „50 Shades of Grey“ ist etwas, wo wir aktuell mitmachen und mitprofitieren können – auch durch Bücher, die wir schon zuvor publiziert hatten, in unserer „ars amoris“-Reihe.

F: Du arbeitest mit Alisha Bionda nun schon einige Jahre zusammen … Ihr versteht Euch auch privat sehr gut?

A: Ja. Ich bin mehrmals im Jahr bei ihr, auf Mallorca. Zum Arbeiten, aber auch privat.

F: Von der Alisha weiß ich, daß sie auf die Autoren zugeht und sie bittet, etwas für diese oder jene Anthologie zu schreiben. Wie ist das aber bei den Manuskripten, die Du selbst für Dein Verlagsprogramm auswählst? Haben junge Autoren eine Chance, bei Dir aufgenommen zu werden?

A: Ich habe jetzt leider auf meiner Homepage auch stehen, daß ich derzeit keine Manuskripte annehmen kann. Sie kommen aber trotzdem (lacht).

Die Titel, die bei uns veröffentlicht wurden und werden, habe wir nicht selbst gesucht; das waren allesamt Einsendungen, die uns überzeugt haben.

F: Du bist programmtechnisch für alle Thematiken offen?

A: Ja. Eigentlich für alles im Bereich des phantastischen Genre. Dadurch, daß wir derzeit so eine große Bandbreite anbieten, können wir so ziemlich alles reinnehmen. Was wir grundsätzlich ausschließen, ist die Lyrik und das Jugendbuch. Beim Jugendbuch können wir am Markt nicht bestehen. Da sind die Verlage so stark eingeführt, daß wir keine Chance haben.

Auch die ganz gängigen Sachen, wie zum Beispiel die fünfhundertste Kopie von „Biß zur Morgenstunde“, interessieren uns überhaupt nicht. Die Werke abseits unserer Reihen, die ich gerade aufgezählt hab, sollen vielmehr Originalität mitbringen. Da stellen wir sehr hohe Ansprüche, und das können wir uns auch leisten. Wir machen ja nur sehr wenige Titel im Jahr.

F: Es gibt keine exakt festgelegte Zahl an Titeln im Jahr?

A: Nein. Das hängt von unserer Zeit und unseren Möglichkeiten ab, auch von den finanziellen Möglichkeiten. Früher haben wir zwei bis vier Titel pro Jahr geplant. Durch die fünf Reihen, die wir nun haben, sind’s bereits mindestens zwölf. Da bleiben für die allgemeine Reihe nur ein bis zwei Titel pro Jahr über.

F: Was kann sich der Autor finanziell erwarten, wenn er im Fabylon-Verlag veröffentlicht?

A: Bei den Reihen wird halbjährlich abgerechnet, dort wird auch kein Garantie-Honorar gezahlt. Bei der allgemeinen Reihe zahlen wir hingegen schon eines. Allerdings nur ein sehr kleines, gemessen an der Auflage. Wir geben etwa zehn Prozent.

F: Bei Deiner eigenen Serie „SunQuest“ arbeitest Du seit etwa einem dreiviertel Jahr mit e-books. Wie sind Deine Erfahrungen damit, wirst Du dieses Angebot auch auf die Reihen und die allgemeine Serie ausweiten?

A: Ja. Wir werden fast alle Titel als e-books rausbringen.

F: Auch die „Sternensaga“?

A: Die „Sternensaga“ vom Ernst Vlcek ist schon das nächste, das wir im e-format rausbringen. Und zwar komplett in einem einzigen e-book. Ich möchte, ehrlich gesagt, daß die Leute, wenn sie die Sternensaga kaufen, alles bekommen. Sie sollen nicht den ersten kaufen und die anderen vielleicht nicht mehr. Bei diesen e-books fehlen allerdings die Anhänge; es werden nur die Texte geliefert.

F: Den Abschlußband hat Ernst Vlcek ja erst kurz vor seinem Tod zu Ende geschrieben …

A: Ja. Es war das letzte, das er abgeschlossen hat.

F: Kommen wir zu „SunQuest“ zurück, die Du bereits als e-books rausgibst. Wie sind da die Absatzzahlen, bist Du zufrieden damit?

A: Ehrlich gesagt bin ich überhaupt nicht zufrieden damit. Ich habe aber mit einem Autor gesprochen, der die Zahlen gar nicht so schlecht fand (lacht und deutet auf mich), da denk ich mir, daß es schlimmer sein könnte.

Ich muß aber ehrlich gestehen, daß ich mir sehr viel mehr erwartet habe. Deswegen machen wir auch Sonderaktionen. Wir bieten die Bände derzeit zum Superpreis an. Wir denken auch über eine Aufsplittung in die Einzelromane nach (Anm: Jedes Buch umfaßt zwei Teile, die von zwei Autoren geschrieben wurden). Aber das wird sich noch zeigen.

Den ersten „SunQuest“-Band haben wir an einem Tag gratis angeboten, die anderen Bücher sind um jeweils 2,99 Euro zu haben, statt davor um 3,99 beziehungsweise 4,99.

F: Was erhoffst Du Dir von den e-books?

A: Sie sind eine Ergänzung zu unserem Buchprogramm, und ich sehe da einen sehr stark wachsenden Markt. Ich weiß, daß er derzeit richtiggehend überschwemmt wird, weil Autoren die Möglichkeit haben, ihre eigenen Werke selbst einzustellen …

F: … das ist ja auch gut so …

A: Ja, find ich auch. Ich find es auch sehr gut, daß die Großverlage da einmal ein bißchen einen Denkzettel verabreicht bekommen. Die müssen anfangen umzudenken. Es ist natürlich schade, daß viele der günstig angebotenen Texte nicht lektoriert sind. Ansonsten find ich diese Chance für Autoren großartig.

F: Meine eigenen Bücher werden vom Verlag statt um 8,99 als Buch um 7,99 als e-book angeboten. Das ist Augenauswischerei …

A: Ja, das ist lächerlich. Das hab ich bei meinen Fantasy-Büchern auch festgestellt. Der Preisunterschied beträgt zwei oder drei Euro – und da kauft kein Mensch das e-book. Die Verlage argumentieren mit der sogenannten Preisbindung – was ein völliger Quark ist.

Der Nachteil, wenn man die e-books um 2,99 anbietet, ist allerdings der: In Deutschland werden da nicht sieben Prozent Umsatzsteuer fällig, sondern 19! Das weiß der Leser natürlich nicht. Aber auch das kann man verkraften. Hauptsache ist, daß sich viele, viele Leser diese Bücher zulegen, daß die „Kindles“ und andere Lesegeräte gefüllt werden.

F: Um auf das Angebot um 2,99 zurückzukommen: Der Leser erhält bei Fabylon die e-books zwar um einen sehr günstigen Preis – aber er erhält nur die Inhalte. Wenn er die Beigaben haben möchte – es gab da Innen-Illus und meiner Erinnerung auch Postkarten, die beigelegt waren -, muß er zum Buch greifen.

A: Richtig. Das Cover ist natürlich bei der e-book-Lieferung dabei, aber sonst gibt es nur die Inhalte.

Wenn jemand von uns die wohlfeilen e-book-Sachen haben möchte, zum Beispiel bei den Anthologien mit den „Dark Ladies“, von denen wir mittlerweile drei haben – da sind die Titel-Illus zu den einzelnen Kurzgeschichten natürlich auch nicht dabei. Das geht bei diesem günstigen Preis einfach nicht. Will der Leser die schönen, teils farbigen Bilder dazu haben, muß er die Buchausgaben kaufen.

F: Gehen wir weg von Deinem eigenen Verlag. Bei zwei großen Projekten hast Du mit VPM, dem Verlag von PERRY RHODAN, eng zusammengearbeitet beziehungsweise tust Du es noch immer. Es geht um die Buchserien „Elfenzeit“, mittlerweile nach 20 Bänden abgeschlossen, und um „Schattenlord“, auf 15 Bücher ausgerichtet. Bei beiden übernimmst du unter anderem redaktionelle Aufgaben …

A: Ja, ich mache die Vorredaktion.

F: Die Serien nehmen Dich nun schon seit geraumer Zeit in Anspruch. Elfenzeit und Schattenlord beruhen auf Deinen Vorgaben, auf Deinen Expos?

A: Ja.

F: Handelt sich’s dabei „nur“ um Auftragsarbeiten, oder kannst Du für die Inhalte auch einstehen?

A: Absolut. Ich hab jetzt endlich die Gelegenheit, Sachen zu schreiben, die ich gerne mache. Projekte, von denen ich schon vor fünfundzwanzig oder dreißig Jahren geträumt habe. Damals gab’s leider keinen Markt für derartige Literatur. Deshalb war‘s für mich ganz toll, daß es mit Elfenzeit so gut klappte. Diese Art von Urban Fantasy, bei der ich Sagen und Märchen und Legenden mit verwursten und verbraten konnte – davon hab ich schon immer geträumt.

F: Wie siehst Du die Nähe zu Neil Gaimans‘ „Sandman“? Er macht ja in der Serie ähnliches und bedient sich ungeniert vor allem der angloamerikanischen und skandinavischen Mythen und Sagen. Hat Dich Gaiman beeinflußt?

A: Auf alle Fälle. Aber ich hatte bereits vor ihm – ich weiß nicht, wann er die Idee zu Sandman hatte – schon den Traum, so etwas zu machen. Ich hab teilweise für mich im stillen Kämmerlein Kurzgeschichten zu diesem Thema geschrieben.

F: Die Idee zu Elfenzeit kam meines Wissens von Klaus Frick …?

A: Ja. Der Titel „Elfenzeit“ stammt von ihm. Er hat mir auch vorgeschlagen, dass er mir schicken könnte, was dazu bereits im Verlag an Ideen entwickelt worden war, aber er meinte auch, daß er lieber etwas Neues hätte. Er erzählte mir bloß, daß die Elfen nach langer Zeit aus einem Schlaf erwachten und feststellten, daß sich die Welt rings um sie verändert hätte.

Sobald er den Titel nannte und diese wenigen Eckpunkte nannte, hat’s bei mir schon gerasselt (lacht) und geklappert. Mir sind sofort viele Sachen eingefallen. Nicht die Welt hätte sich verändert, sagte ich Klaus, sondern sie sich und die Zeit!

Innerhalb von vierzehn Tagen hatte ich das Grundkonzept entworfen und einen Probetext geschrieben. Das fiel mir wirklich aus dem Kopf. Ich hatte nichts in der Schublade – aber alles im Kopf.

F: Hast Du aber Ideen, die Du in Deinen eigenen Büchern nicht mehr unterbringen konntest, zu Elfenzeit „rübergezogen“?

A: Nein. Diese beiden Universen sind strikt voneinander getrennt.

F: Elfenzeit ist ein großer kommerzieller Erfolg geworden, obwohl ich nach wie vor nicht verstehe, wie die Bertelsmann-Leute die Serie so gut verkaufen konnten. Sie wurde ja bloß über den Buchclub angeboten.

A: Richtig. Mit öffentlicher Werbung könnte man noch sehr viel mehr verkaufen. Mittlerweile ist man auch auf die Idee gekommen, die Bücher auf eine eigene Homepage zu stellen, so daß sie jedermann kaufen kann – nur findet man diese Homepage nicht (lacht). (Anm:  http://www.bseditionen.de/fantasy-uebersicht/fantasy/edition-schattenlord/)

F: Nicht nur die Bücher sind schwer zu finden – auch der Verkauf der e-books funktioniert nicht so richtig.

A: Nein, gar nicht. Bertelsmann erwirbt auch bloß die Lizenz für den Druck, erwirbt aber die Exklusivrechte für eine gewisse Zeit. Ich glaube, für drei Jahre. Danach muß sich der Verlag, also VPM, um die Zweitverwertung kümmern.

Der Bertelsmann-Buchclub besitzt halt einen derart gigantischen Pool an Adressen, die mit direkten Anschreiben und Telephonmarketing beackert werden. Letztlich blieben ein paar Prozente oder Promille an Lesern übrig, die die Serie zu so einen großen Erfolg gemacht haben.

F: Elfenzeit und Schattenlord zielen hauptsächlich auf weibliche Leser ab?

A: Ja. Aber nicht nur. Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, daß etwa zwanzig Prozent Männer mitlesen. Alle Mitautoren haben auch bei PERRY RHODAN oder ähnlichen Serien mitgewirkt. Wir wissen ja alle, wie man schreiben muß, damit die Texte auch Männer ansprechen. Reine Frauenliteratur könnt ich wahrscheinlich gar nicht schreiben.

F: Hast Du eine Erklärung, warum es mit den e-books bei Schattenlord und Elfenzeit nicht so richtig klappt? Steht VPM nicht dahinter, ist ihnen dieses Geschäft wurscht?

A: Ich glaube, daß es mit der großteils weiblichen Leserschaft zu tun hat, die nicht so technikaffin ist und nicht zu gern zum e-book greift. Die „Cora“-Romane verkaufen sich als e-book zwar sehr gut, aber vielleicht ist unsere Thematik doch so gelagert, daß die weiblichen Leser lieber zum Buch greifen. Der Preis bei den e-books spielt natürlich auch eine Rolle.

Es laufen natürlich Werbeaktionen, VPM unternimmt durchaus etwas; auch der Vertrieb, der die Sache übernommen hat, ist daran. Aber ich vermute, daß unsere Klientel schlichtweg lieber zum Buch greift.

F: Elfenzeit lief über 20 Bände. Nach dem großen Erfolg hast Du mit Schattenlord eine Art Spin-off-Serie entwickelt, die auf 15 Bücher konzipiert ist. Es gibt Überschneidungen zwischen den beiden Serien, die aber nicht allzu groß sind …

A: Richtig. Es gibt bloß marginale Überschneidungen. Die Hauptfiguren bei Schattenlord sind fast allesamt neu. Einige Helden aus Elfenzeit tauchen in kleineren und größeren Nebenrollen wieder auf, was für die Leser beider Serien natürlich interessant ist.

F: Es ist aber keine Grundbedingung, Elfenzeit zu lesen, wenn man bei Schattenlord einsteigen möchte?

A: Nein, überhaupt nicht! Die einzige richtige Überschneidung zwischen den beiden Serien ist die, daß die Gesetzmäßigkeiten übernommen wurden. Schattenlord spielt in einem Reich, das in der Elfenzeit schon beschrieben worden ist.

F: Schattenlord endet mit 15 Büchern, während Elfenzeit 20 Bücher füllte. War das eine Vorgabe von Bertelsmann oder von VPM?

A: Nein, ich wollte das so. Die Geschichte des Schattenlord ist mit Band 15 fertig erzählt. Ich wollte sie nicht unnötig ausdehnen.

Bei Elfenzeit hatten wir sehr, sehr viele abwechslungsreiche Schauplätze. Wir sind durch die ganze Welt gereist – und durch viele andere Welten. Bei Schattenlord bleiben wir an einem einzigen Schauplatz. Dadurch haben wir eine erzählerische Einschränkung. Die Leser sollen unter keinen Umständen sagen: „Jetzt wird’s aber Zeit, daß die Geschichte zu Ende geht!“, sondern: „Schade, es ist schon aus?!“

F: Mir ist beim Expo zu Band 13 von Schattenlord, den ich gerade anfange zu schreiben, aufgefallen, daß Du die Gruppierungen Deiner Helden immer wieder durcheinanderwürfelst. Du bildest Duos oder Kleingruppen, trennst sie voneinander, mischst sie neu durch. Hast Du Dir das von beispielgebenden Fernsehserien wie zum Beispiel „Lost“ abgeschaut oder Dich davon inspirieren lassen? Oder handelt sich’s dabei bloß um Dein persönliches Empfinden, wie eine derartige Buchserie zu funktionieren hat?

A: Das hat sich aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung als Autorin so ergeben. Ich weiß, wie eine Geschichte funktioniert, vor allem eine, die man über so viele Bände erzählt. Sie muß halt abwechslungsreich und spannend bleiben, so daß sie den Leser bei der Stange hält.

F: Du wolltest also keine Hauptheldin und keinen Haupthelden, die die ganze Handlung tragen? Wäre Dir das zu schablonenhaft geworden?

A: Auf jeden Fall. Es wiederholt sich irgendwann alles. Man braucht eine Abwechslung mit verschiedenen, anderen Figuren.

Natürlich haben wir bei Schattenlord DIE wichtigste Hauptfigur, wie wir es auch bei Elfenzeit hatten. Und natürlich inspirieren mich TV-Serien und andere Bücher. Diese Inspiration ist auch Teil meines Erfahrungsschatzes, aus dem ich schöpfe.

F: Hast Du im Schattenlord eine Lieblingsfigur?

A (zögert): Eigentlich ist Zoe meine liebste Figur. Die Laura, die eigentliche Hauptheldin, hat sich mittlerweile wahnsinnig stark entwickelt und ist eine ganz, ganz tolle Frau geworden. Aber die Hauptfigur ist für einen Autor nur selten die Lieblingsfigur.

Zoe ist überkandidelt, hat ein großes Herz, hat eine schnoddrige Art und gibt sich zickig. Sie hat sehr, sehr viele tolle Ansätze, die einem Spaß machen zu beschreiben.

Wen ich sehr mag, ist Finn; der wird dem Leser auch noch eine ziemliche Überraschung bereiten. Und natürlich wird’s eine Riesenüberraschung geben, wenn sich in Band 15 herausstellt, wer der Schattenlord ist, der Namensgeber der Serie. Mit diesem Ende rechnet niemand, darauf wette ich. Klaus Frick, der Chefredakteur der Serie, war total baff, als ich ihm die Auflösung erzählt habe.

Es gibt bei Schattenlord natürlich auch Haßfiguren, wie den Norbert Rimmzahn. Aber es gibt keine Figur, von der ich sage, daß ich sie nicht gern mag oder nicht gerne beschreibe. Sonst hätt ich sie gleich umgebracht (lacht).

Und dann gibt es Figuren, aus denen nix rauszuholen ist. Felix zum Beispiel, der Mann von Angela, hatte alle Chancen. Aber er hat sie nicht genutzt. Er ist einfach langweilig geblieben.

F: Da sind wir nun bei einem Phänomen, das jedermann kennt, der sich intensiver mit dem Schreiben beschäftigt: Figuren erwachen beim Schreiben zum Leben …

A: Ja. Sie entwickeln ein Eigenleben.

F: … und Du kannst nix dagegen tun …

A: Ja. Das ist so. Bei Elfenzeit hatten wir zum Beispiel Tom, der sich zu einer wichtigen Nebenfigur mauserte. Der hätte eigentlich einen einzigen Auftritt in Band 4 haben sollen. Da wurde er gebraucht und trat dann wieder ab. Und in Band 5 stand er plötzlich wieder vor der Tür! Von da an wurde ich ihn nicht mehr los. Ich hab versucht ihn umzubringen, ich wollte ihn aus der Serie schreiben – es ging nicht. Er war einfach immer wieder da, unglaublich hartnäckig.

Du selbst hast mal zu mir gesagt, daß er irgendwann noch eine wichtige Funktion zu erfüllen hätte – und genauso war’s dann auch. Das hat sich ganz von selbst ergeben. So etwas kann man dem Leser ganz, ganz schlecht nahebringen, wie so etwas sein kann, denn es handelt sich ja um fiktive Figuren. Das wissen wir auch. Trotzdem leben die Figuren!

F: Glaubst Du, daß da das Unterbewußtsein des Autors mitarbeitet:

A: Ich denke ja.

F: Erkennst Du also instinktiv, daß da eine starke Figur auftaucht, der man breiteren Raum lassen muß?

A: Ja. Bei Tom in der Elfenzeit war es auf keinen Fall so geplant. Mit Felix beim Schattenlord hatte ich viel mehr vor, und da wurde einfach nichts draus. Auch Claudia Kern sagte, daß das ein Loser sei, mit dem sie nix anfangen könne.

F: Und Felix‘ Frau, Angela? Bei der verhält es sich anders.

A: Die ist sehr viel stärker geworden. Sie war als starke Figur geplant, als Hexe. Doch was aus ihr geworden ist, das hat sich während des Schreibens entwickelt. Daran trägt auch Claudia Kern sehr viel „Schuld“.

F: Derzeit steht die Serie bei Band 8 …

A: Ja. Ich hab ihn zwar noch nicht, aber die Nummer 8 wird gerade eben ausgeliefert.

F: Wie sieht es nach dem Ende von Schattenlord aus? Wird es eine weitere Serie mit Dir als Expokratin und Hauptautorin im Bereich Urban Fantasy geben?

A: Es gibt Vorgespräche. Bertelsmann hätte gerne wieder etwas, aber natürlich muß das neue Konzept überzeugen. Wenn’s das tut, dann gibt’s diese dritte Serie.

F: Schauen wir zum Schluß zu PERRY RHODAN. Du hast den „Gastroman“ mit der Nummer 2652 geschrieben. Wie sieht’s denn weiter aus? Gibt es Pläne für weitere Romane?

A: Ich werde wohl weitere Gastromane machen. Ich würde nächstes Jahr gerne wieder ein bis zwei Bände für PERRY RHODAN schreiben.

F: Wie arbeitet Dir der Expo-Autor Uwe Anton bei diesen Gastromanen zu? Hat er die Vorgaben zu 2652 speziell auf Dich zugeschnitten, hat er Dir ausreichend Freiraum gelassen?

A: Für meinen Jubiläumsband (Anm: 2652 erschien exakt 1.000 Wochen nach Uschi Zietschs erstem Roman, der Nummer 1652) hat Uwe ein Thema gewählt, von dem er meinte, dass es zu mir passen würde.

Uwe möchte mich gerne weiter dabei haben, Klaus Frick hat auch nix dagegen. Wenn ich die Zeit habe, mach ich sehr gerne wieder einen PERRY RHODAN.

F: Aber ein Fixeinstieg ins Autorenteam ist nicht geplant …

A: Nein. Ich hätte gar nicht die Zeit dazu, wenn ich nun eine dritte Bertelsmann-Serie entwerfe. Da müßte ich Klaus als Teamautor immer wieder einen Korb erteilen – und das möchte ich nicht. Das wäre ihm gegenüber nicht fair. Wenn ich im Team dabei bin, muß ich entsprechend regelmäßig für die Serie schreiben und arbeiten. Ich wäre dann auch zu sehr eingeschränkt.

F: Möchtest Du über die Gründe Deines Ausstiegs aus dem PERRY RHODAN-Autorenteam sprechen?

A: Aber ja. Es kamen ganz viele Faktoren zusammen. Der Allerwichtigste war, daß ich niemals vorhatte, bis in alle Ewigkeit für PERRY RHODAN zu schreiben. Ich hatte im Vorhinein zehn, elf Jahre geplant. Und tatsächlich hab ich nach etwa dieser Zeit für mich festgestellt, daß ich Pause machen mußte. Es kam dann auch noch zu Unstimmigkeiten mit der Redaktion, weil wir uns über die Themen in den Romanen nicht so ganz einigen konnten, und auch nicht über die Aufteilung der Romane – es kam halt Verschiedenes zusammen. Da war’s dann am Besten, die Zusammenarbeit zu beenden, bevor beide Seiten unzufrieden mit der Situation waren.

Ich habe nicht mehr die Qualität geliefert, die ich sollte, was den Redakteur unzufrieden machte, und ich konnte damals, ehrlich gesagt, mit dem neuen Zyklus definitiv nichts anfangen.

F: Das war der Sternenozean-Zyklus?

A: Ja. Der ging mit Band 2200 los. Mein letzter Band war die Nummer 2202. Ein Kantiran-Band.

F: Zu dieser Zeit gab es im Team einen relativ großen Umbruch. Franciskowsky hörte auf, Vlcek …

A: Das geschah alles nach meinem Ausstieg.

Als ich an Band 2202 geschrieben hatte, lagen die Exposés bis ungefähr Heft 2213 vor. Ich hatte diese Expos alle gelesen und dachte mir: „Dazu kannst Du nix mehr schreiben.“

Das war eine Thematik, die mich überhaupt nicht berührt hat und mit der ich nichts anfangen konnte. Ich fand’s nicht gut und sagte: „Das war’s, ich nehm den Band 2202 mal als Schlußpunkt.“

F: Mit Band 2200 begann ein völlig neuer Handlungsbogen. Der Großzyklus „Thoregon“ wurde nach 400 Bänden abgeschlossen.

A: Ja. Den ich übrigens nicht so sehr schelte wie damals viele Leser. Der aktuelle Zyklus ist sowieso immer der schlechteste aller Zeiten – bis der nächste kommt. Ich fand Thoregon sehr gut. Aber Kantiran – damit konnte ich, wie gesagt, nix anfangen. Die singenden Schiffe, die Motana – das war mir für PERRY RHODAN viel zu fantasy-lastig. Obwohl ich ja Fantasy schreibe. Aber nicht bei PERRY RHODAN.

F: Innerhalb des Autorenteams gab es dazumals aber keine Reibereien?

A: Nein, ganz und gar nicht.

F: Heute hast Du trotz der damaligen Unstimmigkeiten wieder ein sehr gutes Auskommen mit der Redaktion.

A: Ja. Das läuft alles sehr toll und harmonisch und macht sehr viel Spaß. Wir haben auf einer ganz anderen Basis wieder angefangen miteinander zu arbeiten. Das hat von Anfang an toll funktioniert. Mir wird sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Ich mache ja, wie gesagt, die Vorredaktion. Ich habe natürlich auch den besten Überblick über Elfenzeit und Schattenlord. Ich achte auf Unstimmigkeiten in den Romanen und glätte sie, bevor ich sie an die Redaktion weiterleite. Der ganze Ablauf funktioniert völlig reibungslos.

F: Du arbeitest mit Sabine Kropp zusammen, stimmt’s?

A: Ja. Sabine ist für die Redaktion von Schattenlord verantwortlich. Inhaltliches spreche ich aber mit Klaus Frick ab, und der gibt mir sehr viel Freiheiten. Er redet mir kaum in meine Arbeit drein.

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